Ein ganz großes Thema auf jeder Stallgasse sind die Sehnen der Pferde.
Nach Koliken sind das gefühlt die häufigsten Blessuren der Pferde. In diesem Beitrag will ich, wie immer in einfachen Worten ohne große medizinische Schnörkel mal drauf eingehen, was eine Sehne überhaupt ist, welchen Zweck sie erfüllen soll, und wie man sie am Besten gesund erhält.
Denn jeder kennt und fürchtet ihn – den Sehnenschaden egal welchen Ursprungs.
Obwohl jeder das Wort die Schlagworte, „Sehnenschaden“, „Fesselträgerursprung“, „Unterstützungsband“ usw. kennt, ist das Wissen wo und was das eigentlich ist nur sehr gering.
Ich möchte euch in diesem Beitrag ein kleines bisschen in die große Welt der Sehnen mitnehmen, die sicherlich im Gesamten komplette Bücher füllen kann und hier nur eine kleine Kurzzusammenfassung sein soll. Derjenige, dessen Interesse ich geweckt habe, tiefer einzutauchen, findet zahlreiche medizinische Fachbücher, in denen er sich schlau machen kann.
Hier sollen nur die Grundlagen kurz verständlich gemacht werden.
Grundsätzlich kann man eine Sehne nicht als einzelne Körperstruktur sehen, sondern als Teil des ganzen Systems des Pferdes.
Dieses System besteht aus den Knochen, an denen die Sehnen ansetzen, der Sehne selbst, der Sehnenscheiden und Schleimbeuteln, die die Sehnen in ihre Arbeit unterstützen, den „Führungsschienen „ in denen die Sehnen verlaufen, und der Muskeln, deren Ursprungs,- oder Ansatzstellen die Sehnen sind und die wiederum die Gelenke bewegen. Ein ganz großes, zusammenhängendes System also. ( Nicht zu vergessen, die Nerven, die wiederum die Muskeln steuern, aber das würde hier zu weit führen.)
Wird schon kompliziert? Nein, gar nicht, eigentlich ist es ganz einfach.
Ich zeige euch das hier mal am Beispiel des Vorderbeines und hier wiederum des Schultergelenkes.
Ich habe mir absichtlich einen Bereich ausgesucht, bei dem man nicht gleich die Sehnen vermutet, denn die sucht man ja eher am Röhrbein.
Aber da es hier Muskeln gibt, die die Gelenke bewegen, gibt es natürlich auch Sehnen, denn die Muskeln schweben ja nicht frei, sondern müssen irgendwie am Knochen befestigt sein.
Am Beispiel des Schulter,- und Ellbogengelenks versuche ich darzustellen, wie der Musculus Bizeps brachii (1) über die Ursprungssehne (2) am Schulterblatt entspringt. Hier beginnt er also.
Die Sehne läuft in einer Führungsrinne des Knochens, die man hier nicht sehen kann, über das Buggelenk hinweg, ist hier von einem Schleimbeutel (3) unterlagert, damit keine Reibung bei ihrem Verlauf über den Knochenvorsprung entsteht.
Nachdem die Sehne, geführt von einem Querband (4); sich zum Muskelbauch erweitert, ändert sich die Beschaffenheit des Gewebes. Aus der bindegewebigen, wenig durchbluteten Struktur, wird ein sehr gut durchbluteter Muskelbauch, der aus vielen einzelnen Muskelfaserbündeln besteht.
Dieser Muskel kann sich nun zusammenziehen oder gedehnt werden und ist durch seinen Verlauf in der Lage zwei Gelenke zu bewegen. Er kann das Schultergelenk (5) strecken und das Ellbogengelenk (6) beugen.
Ein Muskel bewegt also die Gelenke. Im Bereich des obersten Teils des Unterarms setzt er dann wieder über eine sehnige Verbindung am Knochen an und strahlt In seinem besonderen Fall mit einer weiteren Sehne in den nächsten Muskel ein. Das ist der äußerst Speichenmuskel, der dann das Karpalgelenk bewegt.
Mehr möchte ich hier auch gar nicht darstellen, sonst wird es schon wieder unübersichtlich.
Aber ich glaube, etwas ist klar geworden.
Sehnen dienen der Verbindung des Muskels mit einem Knochen.
Gelenke bestehen aus zwei oder mehr aufeinandertreffenden Knochen, die vom Muskel bewegt werden.
Sehnen ( hier grün dargestellt) müssen nicht immer lange Stränge sein, wie wir sie von den Beinen kennen.
Sehnen sind bindegewebig und nicht so dehnbar wie ein Muskel. Zudem sind sie wenig durchblutet, was im Falle einer Verletzung die Heilung erschwert.
Das was dehnbar ist, sollte im Optimalfall der Muskel sein.
DARAUS RESULTIERT:
Ist der Muskel nicht mehr so beweglich, wie er es sein sollte, also spannt er nicht mehr richtig an und ab, sondern ist verspannt, dann gibt es mehr Zug auf die Sehnen. Die Sehnen sind aber nicht dafür gemacht, unphysiologischen Dauerzug auszuhalten, der bei einem gut funktionierendem Muskel gar nicht entstehen würde und geben irgendwann nach. Denn die Sehne kann nicht die Arbeit des Muskels übernehmen.
Ich hoffe, ich konnte einigermaßen darstellen, warum man ein Sehnenprobleme ( außer es kommt von einer äußeren Verletzung, wie z.B. ein Tritt) nicht isoliert sehen kann, weil es immer in Verbindung mit einem anderen Problem steht ( muskulär oder z.B. durch vermehrte Reibung aufgrund eines Überbeins, oder z.B. durch eine Erbsenbeinblockade, welches eine Gleitschiene für die Sehne darstellt usw….)
Also klar ist: Tritt sich das Pferd z.B. Mit dem Eisen selbst in die Sehne ist das eine äußerliche Verletzung, die passieren kann.
Haben wir aber ein Sehnenproblem, das nicht durch eine äußerliche Verletzung entsteht, dann müssen wir überlegen, woher es kommt.
Denn, dass die Verletzung vom Tierarzt behandelt werden muss, ist das Eine, das andere ist aber, dass wir den Heilungsverlauf unterstützen und die Ursache beseitigen müssen, denn sonst heilt es erstens nicht ( gut) und kommt zweitens immer wieder.
Denn wenn die Ursache nicht behoben ist und z.B. Der verspannte Muskel weiterhin in Dauerzug auf die Sehne ausübt, dann kommen wir aus diesem Teufelskreis nicht mehr raus.
Dieses Prinzip gilt natürlich für den kompletten Pferdekörper.
Besonders anfällig sind aber natürlich die Sehnen an den Beinen. Hier haben wir teilweise sehr lange Sehnen, da alles, was unterhalb des Karpal,- und Sprunggelenkes die weiteren Gelenke bewegt, rein sehnig ist, aber trotzdem aus einem Muskelbauch kommt.
Am Beispiel der Tiefen Beugesehne am Vorderbein gesehen, sitzen die Ursprungssehnen am Ellbogenhöcker, und am untersten Teil des Oberarms und sind wieder kurze Ansatzsehnen. Daraus entstehen drei Muskelbäuche, die wir nicht sehen können, weil sie von oberflächlicher Muskulatur bedeckt sind. Diese drei Muskelbäuche vereinigen sich wiederum zur tiefen Beugesehne. Diese verläuft in der Karpalgelenkssehnenscheide innen an einem kleinen Führungsknochen, dem Erbsenbein vorbei, wird wieder durch ein Querband am Karpalgelenk geführt, bis sie unterhalb des Karpalgelenkes als tiefe Beugesehne fühl,- und sichtbar wird.
Die Tiefe Beugesehne verläuft mit der oberflächlichen Beugesehne in einer gemeinsamen Sehnenscheide, an der Hinterkante des Röhrbeins entlang über das Fesselgenk, das Krongelenk und setzt am Hufbein an. Hier ist sie ein Teil der Hufrolle.
Gemeinsam mit weiteren Sehnen ist sie für die Beugung der unteren Gelenke zuständig. Aber auch hier gilt:
Sind die Muskeln, aus denen dieser lange Sehnenstrang kommt, verspannt, steht die Sehne unter Dauerzug, dem sie irgendwann nicht mehr stand halten können.
Ich hoffe, ich konnte euch ein bisschen die Funktion der Sehnen näher bringen und anschaulich machen. Ebenso wichtig ist eben das Zusammenspiel aus allen Strukturen. Keine darf isoliert gesehen werden.
Denn der Pferdekörper ist ein sehr komplexes, aber ausgeklügeltes System, das darauf angewiesen ist, dass alle Zahnrädchen miteinander und füreinander arbeiten.
Einen ganz kleinen Tip habe ich noch zum Abschluß
Ich schütze das Pferd vor Verletzungen, die äußerlich passieren können mit Gamaschen oder Bandagen. Das diese gut passen müssen, nicht einschnüren und drücken dürfen ist selbstredend.
Wie kann ich Sehnenschäden vermeiden?
Um das Pferd vor Sehnenzerrungen usw. zu schützen, ist es wichtig, das Pferd immer gut aufzuwärmen und die Muskulatur im allgemeinen geschmeidig zu halten.
Ungewohnte Belastungen werden langsam gesteigert. Ein Pferd, das lange Zeit nur auf perfektem Boden geritten wurde, kann nicht plötzlich ins Geländetraining auf unebenen Böden einsteigen. Solche Belastungen steigert man langsam, so dass sich das System dran gewöhnen kann.
Grundsätzlich sollen die Pferde aber natürlich auf verschiedenen Böden laufen, um ihre eigene Körperwahrnehmnung zu schulen und somit weniger anfällig für Stolpern, umknicken usw. zu sein.
Das richtige Aufwärmen des Pferdes vor der Belastung gilt vor allem auch für die Tage, an denen wir z.B. “nur” Freilaufen lassen. Gerade vor solchen Belastungen, bei denen man damit rechnen muss, dass das Pferd unkontrolliert losrennt, Haken schlägt, bockt usw. ist es ganz besonders wichtig, dass es aufgewärmt ist.
Noch immer wird das Freilaufen als Zeitersparnis angesehen. Raus aus dem Stall, rein in die Halle und los gehts. Da ist die Verletzung vorprogrammiert.
Ganz ehrlich? Die Gamaschen, die ihr gerade noch dran gemacht habt, könnt ihr euch dann auch sparen, denn die helfen euch jetzt auch nicht: Denn Gamaschen könnnen das Bein lediglich von außen schützen, aber keine Sehne stützen.
Ganz abgesehen von den vielen anderen Muskelansatzsehnen im Körper, die auch aufgewärmt werden wollen.
Was mache ich, wenn es doch passiert ist?
Nach einer Verletzung bekommt das Pferd genug Zeit um ganz gesund zu werden. Eine zu frühe Belastung führt ganz schnell zum Rückfall.
Für mich heilt eine Sehnenverletzung am Besten in Bewegung aus.
Denn, eine Sehne, die nicht mehr bewegt wird, bildet bei ihrer Heilung Narbengewebe, das immer eine Sollbruchstelle bleiben wird.
Wird die Sehne während der Heilungsphase unterstützt, z.B. über Massagen, vor allem mit dem Matrix-Rhytmus-Gerät, über angemessene Bewegung und gutes, dem Heilungsverlauf angepasstes Management, dann habe ich die Erfahrung gemacht, heilt die Sehne nachhaltiger und mit weniger Narbengewebe, das später immer wieder störend sein wird.
Ich stelle Sehnenpferde gerne auf eine ebene Koppel, am besten ganztägig, so dass sie sich immer moderat bewegen. Boxenruhe und Schritt führen im Stall, ist nicht meine Wahl, denn ich habe die Erfahrung gemacht, dass die wenigsten Pferde sich ruhig führen lassen, wenn das mal eine Zeitlang so sein muss. Die Meisten hüpfen dann doch mal rum, da man ja am Strick hängt gerne auf der Stelle oder im Kreis herum, das sicherlich nicht vorteilhaft ist.
Ausserdem haben die wenigsten Leute die Zeit, oft zu führen. Meist läuft es ja doch auf ein oder zweimal am Tag führen raus, und den Rest steht das Pferd in der Box.
Ist das Pferd ganztags auf einer Koppel bewegt es sich meist moderat und gleichmäßig. Wilde Bockattacken bleiben meistens aus.
Meine Erfahrung zeigt, dass Sehnenschäden, die in Bewegung und mit Hilfe der Physiotherapeutischen Möglichkeiten ausgeheilt sind, nach hintenraus nachhaltiger verheilen und dadurch auch belastbarer sind, wenn das Pferd wieder in die Arbeit genommen wird.
Nichtsdestotrotz muss die Möglichkeit, ob das Pferd auf eine Koppel kann, oder Boxenruhe haben muss natürlich mit dem Tierarzt abgesprochen werden.
Und nochmal zum Thema Vorbeugen:
Das richtige Aufwärmen des Pferdes vor der Belastung gilt vor allem auch für die Tage, an denen wir z.B. “nur” Freilaufen lassen. Gerade vor solchen Belastungen, bei denen man damit rechnen muss, dass das Pferd unkontrolliert losrennt, Haken schlägt, bockt usw. ist es ganz besonders wichtig, dass es aufgewärmt ist.
Noch immer wird das Freilaufen als Zeitersparnis angesehen. Raus aus dem Stall, rein in die Halle und los gehts. Da ist die Verletzung vorprogrammiert.
Ganz ehrlich? Die Gamaschen, die ihr gerade noch dran gemacht habt, könnt ihr euch dann auch sparen, denn die helfen euch jetzt auch nicht: Denn Gamaschen könnnen das Bein lediglich von außen schützen, aber keine Sehne stützen.
Ganz abgesehen von den vielen anderen Muskelansatzsehnen im Körper, die auch aufgewärmt werden wollen.
Fazit
Wir können viel dafür tun, Sehnenproblem zu vermeiden. Ein bisschen gesunder Menschenverstand im Umgang mit dem Pferd, ein gutes Trainingskonzept und ein gesundes Grundwissen ist natürlich vorteilhaft.
Trotzdem ist, gerade bei unseren hochgezüchteten Sportpferden, die Gefahr immer da, dass das System überlastet ist.
Ist der Sehnenschaden passiert, gilt es auf ein gutes Management aus Tierarzt und Physio zu setzen um in der Heilungsphase das Beste daraus zu machen. Denn hier kann man viel tun, damit es einfach besser und nachhaltiger verheilt und die meisten Sehnenschäden kann man wieder so hinbekommen, dass das Pferd damit wieder ganz normal belastbar wird, auch, wenn einen die erste Diagnose und das Wissen, dass das eine langwierige Sache werden wird, erstmal aus der Bahn wirft.
Und zum Abschluss noch: Einen Sehnenschaden auszuheilen dauert. Die Zeit ist hier ein wichtiger Faktor. Eben dadurch, dass Sehnengewebe schlecht durchblutet ist, heilt es auch langsam und schlecht. Die Unterstützung der Physiotherapie wird die Heilung nur wenig verschnellern, aber das Ergebnis ist am Ende nachhaltiger und belastbarer. Gleichzeitig können Ursachen, die gar nicht aus der Sehne direkt kommen, sondern von einer anderen Struktur erkannt und beseitigt werden, so dass man sich in Zukunft noch besser schützen kann.
Euer Physio ist euch sicherlich auch beim Antrainieren behilflich.
Denn das richtige antrainieren nach der Verletzung ist natürlich unabdingsbar für den weiteren Weg eures Pferdes.